„Monotype hat den FontShop gekauft.“ – „Was?“ – „Monotype hat den FontShop gekauft!“ – „WAS?“ – „Monotype hat …“ – Was bedeutet das? Eine heiße Debatte und neue Romantik.
Freitag, 15. Juli 2014: ein historischer Tag in der Geschichte der Foundries (Schriftenherausgebereien) und der Vermarktung von Schriften. Ich erfahre es in Form obigen Dialogs von meinem Kollegen Harry Keller bei Edenspiekermann. Gegen 10 Uhr steht er vor meinem Schreibtisch und hat just die Nachricht auf dem Fontblog gelesen (Edenspiekermann macht die neue FontFont-Website): „FontShop schließt sich Monotype an“. In den Stunden und Tagen danach entbrennt eine heiße Debatte auf Twitter, dem Fontblog und bei typografischen Treffen in Berlin.
In ihrer Leidenschaft und Heftigkeit erinnert diese Debatte an die Diskussionen in den späten 80er, frühen 90er Jahren – und damit sei nicht gesagt, dass sie „retro“ ist – über die Unabhängigkeit heißgeliebter Punk-, Grunge- und Indie-Bands (Nomen est Anspruch), die ihre ersten Platten bei unbekannten Mini-Labels oder im Selbstverlag herausbrachten – und dann plötzlich zu einem „Major“ der Musikindustrie wechselten. Es wagten, zu wechseln. Womit sie in den Augen vieler Verehrer den Verlust ihrer künstlerischen Freiheit riskierten, zwangsläufig „Mainstream“ wurden und treue Gefolgschaft nicht mehr verdienten. Es grenzte an Verrat. Nur: von welcher Seite?
(Ich erinnere mich an Freunde, die aus Prinzip nicht auf Konzerte gingen, bei denen mehr als 150 Leute zusammenzukommen drohten, weil ein und dieselbe ehemalige Lieblingsband – die sich musikalisch nicht unbedingt verändert oder weiterentwickelt hatte – über den klitzekleinen Radius ihrer Kreise hinaus bekannt und erfolgreich zu werden drohte.)
Unverschämtheit
Diese Debatte ist eine Unverschämtheit. Die „Indie-Debatte“, begonnen damals in der Musik, genauso wie die aktuelle in Sachen Typografie und Monotype und FontShop. Und deswegen so wichtig.
In einem schlichten „Bla“ als Erstkommentar (von Yanone), in vielen der Äußerungen auf dem Fontblog (und in der PAGE), in der Offenheit und Härte und Un-Verschämtheit der Auseinandersetzung kommen so viel Wut, Enttäuschung, berechtigte Sorge um die eigene berufliche und künstlerische Freiheit sowie die von Freunden und Kollegen, um finanzielle Selbstbestimmung, um Handlungs- und Wahlmöglichkeiten zum Ausdruck, dass wir uns – so lange das tunlichst so bleibt – keine Sorgen machen müssen um diese Freiheiten. Sie werden sehr verteidigt.
Dieser Freiheitsgedanke, vehement verteidigt, ist nicht nur romantisch oder „lovely“, wie ein weiterer Kommentator es nennt, sondern (mit Verlaub) sauwichtig gerade in ungebrochener gegenseitiger Loyalität und als Austausch auf Augenhöhe: derer, die für die aktuellen Veränderungen verantwortlich und – auch im Unternehmen Monotype, ehemals FontShop, Berlin – mitbetroffen sind (!) und aller Beteiligten.
Natürlich war es auch damals in der musikalischen Indie-Szene schön, sich als Teil einer verschworenen Gemeinschaft weniger Wissender zu fühlen und nächtelang über den dritten Track auf der B-Seite eines Albums zu debattieren, das als „rarer US-Import“ vom Mitbewohner persönlich aus den Staaten angeschleppt und erst in der übernächsten SPEX so unverständlich besprochen wurde, dass man getrost behaupten konnte, es längst gewusst (und besser formuliert) zu haben.
Aber wehe, sie wechselten „zur Industrie“. Dabei hat es in den meisten Fällen nicht geschadet. Natürlich bleibt auch für mich „die erste Cure“ – dito Erstlingswerke der Talking Heads, B 52’s, von Fisher Z und anderen – unvergessen und toppt so ziemlich alles, was sie später mit wesentlich mehr Produktions- und Vertriebsaufwand gemacht haben. Doch vieles daran war auch der Überraschungs- und Begeisterungseffekt des Neuen, eben Entdeckten. In den allermeisten Fällen behielt die Qualität der Bands Bestand und ihre künstlerische Glaubwürdigkeit auch. Es waren doch die gleichen Leute. Die haben ihre Arbeit gemacht, sich mit ihren Ambitionen herumgeschlagen und irgendwann ein bisschen Geld damit verdient, manche auch sehr viel Geld, und sehr viele Fans gefunden, und es sei ihnen gegönnt.
„Indie“ versus Industrie?
Natürlich war es großartig, dass mitunter eine der unzähligen Bands, die wir mit kaum 20 Leuten im Club von Freunden sahen, eben nicht wieder in der brotlosen Versenkung verschwanden, sondern zum Beispiel Nirvana waren – bzw. wurden, dank Veröffentlichung ihrer künstlerischen Arbeit in größerem Rahmen.
(Bevor jemand die Geschichte negativ weiterspinnt: Kurt Cobain hat seine traurige Aura und Todessehnsucht bereits als unbekannter No-name mit sich herumgetragen, gänzlich unberührt von Unbekanntheit genauso wie von späterem Ruhm.)
Auch die Schriften waren Punk. Lieblingsplatten von den Bongos oder Cabaret Voltaire, gestaltet von Neville Brody, haben einen kosmisch-kulturellen Gesamtzusammenhang mitgeformt, der mit jedem neuen Release – einer Fuse-Schrift, einer „7 inch“ aus USA oder eines coolen Mode- und Musikmagazins aus England – bestätigt und befeuert wurde. Die Schriften gehörten so was von dazu. Dass jemand die Typen einer alten Schreibmaschine digitalisierte, ein anderer seine Handschrift, dass ein per Zufall sich selbst verändernder Random-Font auf einem Label, gegründet eigens für Schrift, herausgegeben wurde, das war einfach großartig. Das war genauso „Indie“ wie die Musik.
Nun, die Talking Heads haben sich verkünstelt, die Neubauten und Nick Cave sich nur halb-ironisch dem Pop und der Hochkultur angeschlossen – und trotzdem weiterhin gutes Zeug gemacht. Die Aufregung um manche Neuentdeckung legte sich, ob in der Musik oder in Typografie und Grafik-Design. Völlig normal. Was aber ein Neville Brody an der Schnittstelle von Text und Schrift (und Bild) mit The Face manifestierte, war und bleibt stilbildend. Selbstverständlich war er nicht plötzlich doof, weil er nicht mehr nur Indie-Plattencover bei Fetish Records machte, sondern Art Director bei The Face wurde und mit seiner „grafischen Sprache“ schon Ende der 80er eine Werkausstellung im Victoria and Albert Museum in London hatte. Politisch zeigt er sich bis heute, wie bei seinem Auftritt auf der TYPO Berlin 2013 touch: „Godfather, geerdet“.
Irritationen
Junge wilde Schriftgestalter von einst, die heute eigene Büros, Foundries und Familien haben (nicht nur Schriftfamilien), sind nicht plötzlich „Mainstream“. Genauso wenig sind Jürgen Siebert, Erik Spiekermann oder Joan Spiekermann (bitte vergesst sie nicht) plötzlich zur bösen Industrie übergelaufen oder verraten die Branche. Das ist schlicht Unsinn. Es ist legitim, logisch und lebensecht, wenn Menschen, die jahre- oder jahrzehntelang ihre Energie in eigene und fremde Arbeit gesteckt, die Sache und viele Leute mit nach vorne gebracht haben, sich irgendwann zurückziehen. Es ist ihr gutes Recht, ihr Lebenswerk zu sichern nach bestem Wissen und Gewissen und zum für sie richtigen Zeitpunkt. Und die nächsten Schritte einzuleiten. Zum Glück tun sie das, zum Glück für sie selbst und zum Glück für die Sache. Nun setzen sie ihre Prioritäten neu und geben natürlich ihr Lebenswerk – nach aktuellem Wissen und Stand der Dinge – in die besten Hände ab. Sie haben Aufbau- und Ausbauarbeit für die Branche geleistet, haben Zeit und Geld investiert, Talente entdeckt, ganze Gefolgschaften gefördert, Firmen, Agenturen, Partnerbüros gegründet, waren und sind mit ungebrochener Begeisterung dabei. Sie werden doch nicht so wahnsinnig sein, das alles in den Sand zu setzen. Apropos Sand: Keiner von ihnen zieht sich in absehbarer Zeit auf die Seychellen zurück (soweit ich weiß).
Es fällt ihnen sicher nicht ganz leicht. Aus dem Nähkästchen geplaudert: Seit mindestens 2008 sagt Erik bei jeder Weihnachtsfeier bei Edenspiekermann, dass er sich jetzt aber wirklich, wirklich zurückziehen, „endlich wieder drucken“ und überhaupt in Ruhe seinen Kram machen will. Endlich scheint ihm das besser zu gelingen, mit seiner Galerie in der P98A (wenngleich sich auch dort schon tumultartige Zustände verzeichnen lassen) …
Kurz, sie sind weiterhin da und dabei, wenn auch im Hintergrund, bei vielleicht weniger Beteiligung im Tagesgeschäft, oder nur noch mit Aufgaben ihrer Wahl. Und das hoffentlich noch lange.
Etienne Girardet sagt es so schön (in Kommentar Nr. 28 zu „Warum FontFont so independent wie nie ist“, Fontblog 16. Juli 2014):
„Eure Art, die Dinge zu tun – und auch: Geschäfte zu machen – hat zu Sympathie und einem großen Vertrauensvorschuß geführt. Ihr seid als Personen erkennbar, Ihr steht für Werte, Ihr seid nicht mehr ganz klein, aber auch noch nicht abstrakt groß, Ihr habt Humor, Ihr kommt aus meinem Kulturkreis, sogar aus meiner Stadt – nur ein paar von vielen guten Gründen, Euch verbunden zu sein.
Und nun werden die Geschicke von FontShop nicht mehr nur aus der Bergmannstraße alleine gesteuert, jetzt mischen die Großen und Unbekannten aus der Ferne mit, jetzt gelten die Interessen von shareholdern etwas. Natürlich irritiert das mein Bild, es stört regelrecht – zumindest emotional.“
Ja, natürlich ist da eine Störung, eine Irritation, eine nicht zu ignorierende Veränderung, die erst mal erschreckt. Doch was sie tatsächlich mit sich bringt, ob und wie sie sich auswirkt, werden wir erst sehen.
Oder besser: mitgestalten.
Wer ist eigentlich Monotype
Ein gewisser R::bert setzte auf Fontblog den schönen Kommentar ab: „Wer ist eigentlich Monotype? ;-D“. Verdammt gute Frage.
FontShop hat einen Ruf wie Donnerhall. Einen Ruf, den er sich aufgebaut hat – nein, nicht „er“, der FontShop, oder FSI FontShop International, oder FontFont, sondern natürlich Jürgen Siebert, die Gründer Joan Spiekermann, Erik Spiekermann und Neville Brody, Petra Weitz, Ivo Gabrowitsch, die Leute vom Vertrieb und ein Herr Evertz an der Hotline, Sabine Gruppe und Benno Rudolf, Stefan Lehr und haste nicht gesehen und das Technikteam und viele mehr, natürlich – alle, die FontShop „erfunden“, gestaltet, vergrößert und stetig verschönert haben. Sie tun das auch jetzt und in Zukunft, siehe Next FontShop (liebevollst durchdacht, umgesetzt und betextet bis hin zu den Beispielwörtern, was mich restlos glücklich macht).
Und Monotype? Mal ehrlich, wem überhaupt war Monotype überhaupt (noch) gegenwärtig? Ich habe vor Urzeiten von Monotype, Linotype oder auch Berthold und irgendwelchen quasi antiquarischen Schriftgießereien gehört: typografische Schlachtschiffe aus alten Zeiten, ziemlich fern der Lebens- und Arbeitswelt um mich herum. Ist der Schrecken deshalb so groß? Vor Schatten und Strukturen der Vergangenheit?
Kaum jemand ist Monotype in vergleichbarer Liebe – jetzt womöglich Hassliebe – wie dem FontShop verbunden. Monotype ist offenbar für dubiose oder mindestens unpersönliche Vertriebspraktiken bekannt; das kann ich nicht beurteilen. Wenn dem so ist, dann ist jede Angst verständlich und jede Nachfrage wichtig. Also los: Wer ist eigentlich Monotype?
Doppelbödig, die Frage, mindestens. Zunächst: Was sind das für Leute? Wer arbeitet da? Ich kenne keinen. Ich weiß nicht, ob Hans oder Franz in Bad Homburg, ob John oder Janet, Ira oder Scott in den Headquarters von Monotype Schlimmes im Schilde führen. Auf der Website finde ich die gesammelte (US-)Geschäftsführung, aber keine Ansprechpartner oder lokalen Büros. Dafür eine sehr „konzernige“ Selbstdarstellung – auf den ersten Blick perfekt, glatt und blumig, auf den zweiten banal und hölzern. Wer sich bezeichnet als „führender Anbieter von Schrift, Technologie und Expertise, die Benutzererfahrungen optimieren und die Markenintegrität schützen“ löst bei mir keine Wonneschauer aus. Die aneinandergereihten Business-Begriffe, die hinkonstruierten Formulierungen (auch im Fließtext nach der zitierten Einleitung) lassen die Texterin naturgemäß versteinern (Über Monotype).
Im Weiterlesen wird die Positionierung des Konzerns für mich weder inhaltlich deutlicher noch atmosphärisch greifbar. Weil einfach zu weit weg? Unschön, dass mich direkt unter der Sektion „Geschichte“ die „Anlegerbeziehungen“ anspringen und ich darüber in Kenntnis gesetzt werde, „Aktien der Monotype Imaging Holdings Inc. werden unter dem Kürzel TYPE an der NASDAQ-Börse gehandelt“. Durchaus unappetitlich.
Muss mich das misstrauisch machen? Muss ich wegen dieser Selbstdarstellung gleich auf Täuschung, kaltschnäuzige Geschäftemacherei und mangelnde Sorgfalt schließen, dann womöglich auch im Umgang mit künstlerischer Identität und Autorenschaft, mit Schriftlizenzen, Vertriebsvereinbarungen, aufgekauften oder angeschlossenen Unternehmen wie „meinem“ FontShop? Meinen Bekannten, die dort arbeiten, und anderen, die dort unter Vertrag stehen? Weil Monotype schon im Wording so grässlich daherkommt, zudem inkonsistent? Hatte da jemand nur einen schlechten Tag, als er (oder sie) auf der Website Fantasie mit F und Typographie mit ph schrieb? Oder ist auch das Strategie? Will irgendein Marketing-Mensch mich beeindrucken mit den „Ursprüngen im 19. Jahrhundert“ des „weltweit führenden Typographie-Anbieters“? Kann man „Typographie“ überhaupt „anbieten“? Steigere ich mich jetzt rein? Ja. Weil das so anonym, abstrakt, konzernmäßig daherkommt. Ich kenne diese Leute nicht. Ich erfahre nichts, was mich beruhigt, wenn ich auf die Website gehe. Monotype bleibt mir fremd. Und riesengroß. Natürlich löst das Unbehagen aus.
Freunde, kein Futter
Wir kennen und wir schätzen das FontShop-Team, wir können die anfassen, wir sind hier in Berlin, wir sehen uns, wir tauschen uns aus, wir kommentieren die Ereignisse der Branche. Sind wir nicht alle ein bisschen FontShop? Oder zumindest sehr nah dran? Das sind unsere Freunde, kein Futter! Das soll so bleiben. Wie ein Mantra möchte man es aufsagen: FontShop sind Freunde, kein Futter, Freunde, kein Futter, wie die Haie in der Therapierunde von „Findet Nemo“. Aber es hilft nicht, schützt nicht vor Veränderungen, und die Haie sind woanders.
(Monotype verkauft Schriften. In großem Stil. Trotzdem bleibt Monotype ein Schriftenhaus, ein Schriftenhändler. Ein Handelsunternehmen mit langer Tradition. Google kauft Schriften und stellt sie umsonst bereit. Google ist viel größer als Monotype, an Schriften als künstlerisch-gestalterischem Produkt nicht interessiert, und verfolgt monopolistische Interessen als Medienmacht. Wer ist hier der Hai?)
FontShop aber ist hier, nach wie vor. Jürgen bleibt dabei – noch rund 10 Jahre, wie er selbst prognostiziert. Auch Ivo wird das Handtuch so schnell nicht schmeißen. Beide versprechen sich unter dem Dach von Monotype mehr Handlungsfreiheit als vorher, mehr finanzielle Sicherheit und damit mehr Möglichkeiten. Zu schön um wahr zu sein? Die TYPO soll die TYPO bleiben, FontFont wird immer besser, der Druck der Geheimhaltung der Veränderungen ist vorbei, lässt hoffentlich alle durchatmen und weitermachen. Keep calm and – ihr wisst schon. Weitermachen. Auf gute Weise. Romantisch ist das kaum, eher realistisch.
Schulterschluss rules
Es geht hier letztlich nicht (nur) um die Pole Unabhängigkeit und künstlerische Feigheit vs. Vereinnahmung durch einen fernen und womöglich fiesen Riesen, der wir passiv ausgesetzt wären. Es geht um den grundsätzlichen Anspruch an uns selbst und an andere, in unserer (künstlerischen und sonstigen) Arbeit und den damit verbundenen Geschäften so gut wie möglich zu sein – solide, fair und anständig. Dann bleibt der Erfolg nicht aus und niemand wird zum Verräter, egal, in welchen ökonomischen Kontexten er oder sie sich bewegt. Jürgen Siebert, Ivo Gabrowitsch und die anderen Protagonisten im Zentrum dieser Debatte werden ihre „Art, die Dinge zu tun – und auch: Geschäfte zu machen“ nicht wesentlich ändern. Warum sollten sie auch. Sie sind doch genau deswegen für Monotype interessant. Mit allem, was dazugehört und was mit und um FontShop herum entstanden ist, der TYPO Berlin, den anderen typografischen Treffpunkten, dem lebhaften Austausch mit Schriftgestaltern und den sogenannten kleinen, unabhängigen Foundries, hier in der Stadt und anderswo.
Es liegt nicht an den fiesen Riesen und fiese Riesen sind nichts Abstraktes. Um bei Fischbildern zu bleiben: Man erinnere sich an das Bild vom Schwarm, der sich zu einem Riesenfisch formt, der anderen Angst macht. Monotype ist ein dicker Fisch. Aber seine Form bestimmen alle Beteiligten. Es bleibt jedem einzelnen überlassen – allen, die heute bei FontShop und uns allen, die wir FontShop auf die eine oder andere Weise verbunden sind – anständig zu bleiben und dafür zu sorgen, dass die besagten Haie, zumal die ganz großen, in Sachen künstlerischer Freiheit und Unabhängigkeit niemandem zu nahe kommen. Sonst nützt auch keine Therapie mehr was.
Was eben doch nützen könnte:
Dass „wir“ FontShop sind.
Und jetzt auch ein bisschen Monotype.
Diese „unverschämte“ Debatte ist der beste Beweis dafür, dass niemand Erik oder Jürgen ihrer Wege ziehen lässt, sondern dass viele sich getroffen, betroffen und hoffentlich auch aufgerufen fühlen, weiterhin am Ball zu bleiben. Lasst uns die weitere Entwicklung – von FontShop und FontFont und der TYPO und und und, jetzt mit Monotype im Rücken – ebenso kritisch wie wohlwollend begleiten. Schulterschluss rules! Im besten Fall führt diese Debatte zu einem in Zukunft noch notwendigeren Schulterschluss aller, die an der erstklassigen Qualität, Vielfalt und Verbreitung von Schriften und Schriftkultur interessiert sind.
Anders gesagt: Scheiß auf Romantik.
Infragesteller und Korrektoren sind wichtiger denn je.
Rebellentum im luftleeren Raum, so „unabhängig“ man dann auch sein mag, hat noch nie viel gebracht. Arbeit und Austausch und unbeirrter Eigensinn von innen heraus, als „Teil des Systems“, wenn man so will, umso mehr.
Vielleicht ist das die wahre Romantik?
PS
Apropos Romantik – hier mein Interview mit Ivo Gabrowitsch für/bei Edenspiekermann: „Der totale Romantiker: 3 Fragen an Ivo Gabrowitsch“.
Und mein Interview mit dem aktuell größten Anti-Romantiker der typografischen Welt: „Arseholes: 3 questions for Erik Spiekermann“.
Erstveröffentlicht als Kommentare – hier zusammengefasst und ergänzt – auf dem Fontblog zu den Beiträgen von Jürgen Siebert „Warum FontFont so ,independent‘ wie nie ist“ (16. Juli 2014, Kommentar Nr. 32) und „Hat FontFont seine Designer getäuscht?“ (22. Juli 2014, Kommentar Nr. 6).